Global - Lokal

Wie die Welt nach 30 Jahren Globalisierung aussieht und wo wir auf dem Weg zu mehr «lokal» stehen.

Illustrationen: Claudine Etter

Moneta # 2-2024
Editorial

Glokalisierung

Solidarität leben. Zusammenrücken. Einander helfen trotz Sicherheitsabstand – nicht nur dem betagten Ehepaar in der ­Wohnung nebenan, sondern besonders auch dem Lädeli gleich um die Ecke, dem Restaurant zwei Strassen weiter und der Bauern­familie am Dorfrand. Das war in den ersten Monaten des Lockdowns, am Anfang der Coronapandemie, ziemlich – zumindest in meinem Umfeld – angesagt, natürlich auch, weil die Grenzen aus Sicherheitsgründen geschlossen und Lieferketten unterbrochen waren. Damit rückte das Lokale plötzlich stark in den Fokus, und es fühlte sich irgendwie gut an. So heimelig. 

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Bald kam dann die Frage auf, ob das nun endgültig die Abkehr von der Globalisierung sei oder doch nur den Umständen geschuldet. An einer Antwort versuchte sich bereits 2020 das Zukunftsinstitut aus Frankfurt und Wien. Es erforscht gesellschaftliche Trends und meinte damals, die Coronapandemie habe den bereits bestehenden Trend zur Deglobalisierung und zum Neonationalismus spontan verstärkt. Das Institut schlussfolgerte: «Darin kündigt sich ein Ende jener Turboglobalisierung an, die die vergangenen 30 Jahre dominierte.» Aber auf die Globalisierung würde nicht etwa die reine Lokalisierung folgen, sondern die «Glokalisierung». Heisst so viel wie: Die Globalisierung werde nicht verschwinden, aber moderater werden, weil viele Wertschöpfungsketten «in regionale Kontexte» zurückgeholt würden, dadurch mehr lokale Autonomie entstehe sowie eine neue Balance zwischen Weltoffenheit und Verwurzelung in der Heimat. Nach meinem Verständnis eine gute Entwicklung. Denn «lokal», so sagt man doch gemeinhin, ist auch nachhaltiger, ökologischer, gerechter. Oder etwa nicht? 
In dieser moneta versuchen wir aufzuzeigen, wie die Welt nach 30 Jahren Globalisierung, Neoliberalismus und Digita­lisierung aussieht – wirtschaftlich, politisch, ideologisch. Aber auch, wo wir heute auf dem Weg zu mehr «lokal» stehen und wie viel davon tatsächlich möglich und weltverträglich ist.


Simon Rindlisbacher,
Co-Redaktionsleiter

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