Die Welt ist unübersichtlich geworden. Wir wissen: Was wir tun, hat Folgen, auf allen möglichen Ebenen. Nicht nur für uns persönlich, sondern auch für die Umwelt oder für jene Menschen, die die Produkte anfertigen, die wir kaufen. Und dabei haben wir als sogenannte Verbraucherinnen und Verbraucher so viele Auswahlmöglichkeiten wie noch nie: Wir müssen wählen, ob wir Bio- oder Fair-Trade- oder gar nicht gelabelte Produkte kaufen, wir müssen wählen, ob wir per Auto, Zug oder Flugzeug reisen (oder ob wir besser zu Hause bleiben), wir müssen wählen, wo wir unser Geld investieren.
Es wäre also gut, zu wissen, welches Verhalten sich wie auswirkt. Man kann versuchen, das zu berechnen, mit CO2-Fussabdrücken, mit Nachhaltigkeits-Scores, mit Risikoanalysen. Diese können uns sensibilisieren und zum Umdenken, bestenfalls auch zum Handeln bewegen, sie können allerdings auch in die Irre führen. Zahlen vereinfachen komplexe Wahrheiten – das kann gut oder schlecht sein. Manchmal kreieren sie Pseudorealitäten und gaukeln Sicherheiten vor, die eigentlich gar nicht vorhanden sind. So haben
Ratingagenturen mit ihren blauäugigen Bewertungen strukturierter Produkte wesentlich zum Finanzcrash von 2008 beigetragen.Auch auf der individuellen Ebene gilt es, sich von Zahlen zu emanzipieren – sonst wird das Leben zu einer Optimierungsfunktion, die sich letztlich auch von einem Algorithmus durchrechnen liesse. Doch das funktioniert leider nicht, es bleibt da immer eine subjektive Ebene: Manche Entscheide sind ambivalent, Unschärfen lauern überall, Messungen beruhen auf streitbaren Setzungen.
Oder anders gesagt: Was gut und was schlecht ist, lässt sich nun einmal nicht komplett objektivieren. Im Bewerten stecken Werte, und diese sind notorisch individuell geprägt. Eine Gesellschaft muss es aushalten können, dass kein für alle «bestes» oder «richtiges» Leben existiert. Ein falsches indessen, das gibt es noch immer. Und wohl immer mehr.
Roland Fischer, Redaktor moneta