Was braucht es, damit ressourcenschonendes Bauen günstiger wird und sich durchsetzen kann? Ein hängiges
Postulat der Zürcher GLP-Nationalrätin Barbara Schaffner verlangt vom Bundesrat, darzulegen, «welche Massnahmen ergriffen werden müssen, damit der Hochbau kompatibel mit dem Ziel netto null 2050 wird». In ihrer Begründung betont Schaffner, dass eine Dekarbonisierung des Gebäudesektors nur möglich sei, wenn auch die graue Energie gesenkt werde. Der Bundesrat soll klären, mit welchen regulatorischen oder finanziellen Massnahmen der Einsatz von CO2-armen Baumaterialien sowie Recycling und «reuse» von Baustoffen gefördert werden könne.
Der Bericht des Bundesrats soll Mitte 2023 vorliegen. Wird er zu einer umfassenden Gesetzesvorlage für eine Dekarbonisierung des Bausektors führen? Schaffner erwartet nicht, dass es eine Vorlage aus einem Guss gibt. «Wahrscheinlich muss man es aufteilen auf verschiedene Revisionsschritte auf verschiedenen Gesetzesebenen.» Das klingt nach einem langen Prozess. «Nicht unbedingt», entgegnet Schaffner. «Es kommt drauf an, für welche Massnahmen man sich entscheidet. Für eine finanzielle Förderung gibt es schon heute Möglichkeiten, und zwar über die Teilzweckbindung im CO2-Gesetz. Vor allem die Kantone können aus diesem Topf Förderprogramme finanzieren. Der Bund kann übergeordnete Vorgaben machen und Pilot- und Forschungsprojekte unterstützen.»
Grundsätzlich liegt der Baubereich aber in der Hoheit der Kantone – sie machen die Bauvorschriften –, und dort hat sich in jüngster Zeit einiges bewegt. Nach Basel Stadt (2017) haben im Herbst 2021 auch Glarus und Zürich ein weitgehendes Verbot von neuen Öl- und Gasheizungen beschlossen. Diese Gesetzesänderungen zielen aber ausschliesslich auf die Betriebsenergie. Den Versuch, die graue Energie von Gebäuden zu reduzieren, hat bislang noch kein Kanton unternommen.
In der Zürcher Baudirektion ist man sich des Problems bewusst. In einem
«Hochparterre»-Interview Anfang dieses Jahres sagte Baudirektor Martin Neukom: «Aus energetischer Sicht lohnen sich Neubauten nicht. Baut man neu und energieeffizient, verbraucht das Haus zwar wenig Energie im Betrieb. Dafür fällt die graue Energie für Abbruch, Aushub, Herstellung und Bau umso mehr ins Gewicht.» Angesprochen auf eine mögliche «Netto-null-CO2-Bilanz» im Zürcher Planungs- und Baugesetz sagte Neukom weiter: «Die Bilanzfrage ist wichtig, und sie wird kommen. Aber wir sind damit noch im Frühstadium. Bauen ist schon kompliziert, wir müssen wissen, was wir regulieren wollen, auch um Rebounds zu vermeiden.» Energie- oder CO2-Bilanzen, die den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden abbilden, können künftig auf nationaler wie kantonaler Ebene die Grundlage für Fördermassnahmen und Regulierungen bilden, so wie das Fachleute seit Längerem fordern.