Im Grunde widerspricht es der Grundidee des Metabolismus, dass der Tower überhaupt noch steht. «Europäische Schönheit war für die Ewigkeit geschaffen», meinte Kurokawa in einem Gespräch mit Koolhaas. Dem wollten die Metabolisten «eine neue Ästhetik, die auf Bewegung basiert», entgegenstellen. Architektur im Fluss, Stoffwechsel eben, Metabolismus, die biologische Logik des Wachsenden, Werdenden und Vergehenden. Beim Nakagin Capsule Tower zum Beispiel sollten die Kapseln ohne grossen Aufwand austauschbar sein. Die Inspiration dazu fanden die Metabolisten in einem der Grundprinzipien des Schintoismus: Alles befindet sich in einem ewigen Kreislauf. Das widerspiegelt sich auch im Bauen: Seit dem Jahr 690 wird das wichtigste japanische Heiligtum, der Ise-Schrein, alle 20 Jahre neu gebaut. Sehr nachhaltig ist das natürlich nicht, jedes Mal werden rund 10 000 Bäume für den Neubau gebraucht. Bald waren die umliegenden Wälder von Ise leergeholzt, und die Bäume mussten von weither aus Japan in den Süden gebracht werden. Inzwischen hat ein Umdenken stattgefunden: Während die Konstruktionen früher einfach verrotteten, werden sie heute recycelt. Zwei besonders grosse Säulen werden zum neuen Schreintor, nach weiteren 20 Jahren wird dieses Holz wiederum für andere, kleinere Schreine auf dem Gelände verwendet.
Das erinnert ein wenig an die Bauteilbörsen, die sich auch um die Wiederverwertung von Abrissmaterial kümmern. Oder überhaupt an das Konzept des «zirkulären Bauens», wie es beispielhaft vom Baubüro in situ aus Basel und Zürich praktiziert wird. Hört man dessen Wiederverwendungsexperten Marc Angst zu, wie er den Planungsprozess am Beispiel des preisgekrönten Atelierhauses K 118 in Winterthur schildert, spürt man allerdings vor allem die grossen Hürden und die nötige Improvisationsgabe der Architektinnen und Architekten. Auch bei den Bauteilbörsen fällt der Reality-Check eher ernüchternd aus. «Für die professionelle Anwendung für PlanerInnen funktionieren die Bauteilbörsen entweder zu umständlich oder verfügen schlicht nicht über die notwendige Breite des Angebots», liest man zum Beispiel im Online-Magazin «Architektur Basel». Kein Wunder, ist die Bauindustrie doch nach wie vor ganz auf den Zyklus von Bauen und Zerstören ausgerichtet – Wiederverwenden ist kaum vorgesehen. Wenn man es trotzdem versucht, stolpert man bereits beim Sammeln: Beim Abriss stört man nur, wenn man einzelne Teile retten will. Und anschliessend passt nichts so recht zusammen, man muss während des ganzen Planungs- und Bauprozesses mit Normen, Vorschriften und Materialien jonglieren. Das kann im Einzelfall inspirierend sein, ohne Zweifel. Aber im grossen Stil ist das alles andere als praktikabel.