Aber man sollte sich nicht allzu viele Illusionen machen, was die Player auf dem DeFi-Feld angeht: Alfred Eibl, Finanzmarkt-Experte bei der globalisierungskritischen NGO Attac (Deutschland), hat 2020 ein lesenswertes kleines Buch zum Thema geschrieben. Er sieht bei DeFi vor allem Schumpeters legendäre «kreative Zerstörung» am Werk: neue Business-Ideen, die alte Player verdrängen möchten. Es gehe um ein möglichst grosses Stück vom Kuchen, «nicht um gesamtgesellschaftliche Perspektiven aufs Geld», so Eibl. So wird die Dezentralisierung des Finanzsystems plötzlich zur Dystopie, in der libertäre Fantasien vom total unregulierten Markt vorherrschend sind. Für Eibl ist die Sache klar: «Die Gesellschaft kommt nicht ohne Zentralbank aus, ganz einfach.» In der Geschichte des Geldes seit Beginn des Kapitalismus ist das tatsächlich ein ums andere Mal deutlich geworden: Die Gesellschaft war immer wieder auf eine gesamtverantwortliche Bank angewiesen, die für Geldstabilität sorgte. Auf einen «Gelderzeuger letzter Instanz». Oder anders gesagt: Die Zentralbank ist eine Art Rückversicherung für Krisen, und laut Eibl muss diese Absicherung eben «gesamtgesellschaftlichen, nicht privatwirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden».
Letztlich läuft das gemäss Eibl auf die Frage hinaus, wie viel Kontrolle die Finanzwirtschaft braucht. Genau das werde im Zusammenhang mit digitalem Geld gerade verhandelt, weltweit. «In den USA läuft die Auseinandersetzung entlang den Linien von freiem vs. kon trolliertem Kapitalismus», parteipolitisch sei das eher schwer zuzuordnen. China dagegen hat den Hebel unlängst umgelegt, harsche Regeln definiert und mächtigen Digitalinitiativen wie Alipay so den Stecker gezogen. Kontrolle geht da vor. In der Schweiz wie in der EU sind erste Initiativen zum Verbot von Kryptowährungen im Sand verlaufen, nun werden Regulierungen im finanzwirtschaftlichen Rahmen angestrebt. Die Schweiz ist da eher auf der strikteren Seite, zumindest im Zusammenhang mit Geldwäscherei, aber Schlupflöcher bleiben natürlich immer.