Von einer solchen Erweiterung des Rechts möchte der Bundesrat nichts wissen. In seiner Antwort auf das Postulat von Lisa Mazzone verweist er unter anderem darauf, dass eine juristische Person (wie ein Unternehmen oder eine Stiftung) gemäss dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch einen «inhärenten Zweck» verfolgen muss. So sind Unternehmen verpflichtet, anzugeben, ob sie Medikamente herstellen, Kleider verkaufen oder Fahrräder reparieren wollen. «Ein Gletscher beziehungsweise andere Sachen verfügen hingegen über keinen solchen inhärenten Zweck», schreibt der Bundesrat. Ihn mit Rechtspersönlichkeit auszustatten, widerspräche unserem Rechtsverständnis.
«Wenn man einer Stiftung Rechte verleihen kann, dann kann man dies auch natürlichen Entitäten», widerspricht Jörg Leimbacher, selbstständiger Jurist und Autor des Buches «Die Rechte der Natur», denn «Stiftungen sind im Grunde ja nichts anderes als ein Haufen Geld». Aber anders als Menschen (und Unternehmen oder Stiftungen, die von Menschen geführt werden), sagen uns Gletscher nicht, ob sie ein Ziel haben und wie es lautet. Wollen sie wachsen, gleich gross bleiben oder gar schmelzen? Für Elisabeth Bürgi Bonanomi, Rechtswissenschaftlerin und Dozentin zu Recht und nachhaltiger Entwicklung an der Universität Bern, ist das heutige Konzept der juristischen Person zu stark an den Menschen angelehnt, um auf Teile der Natur angewandt zu werden. «Besser wäre, andere bekannte Rechtsprinzipien auf das Umweltrecht zu übertragen.» Zum Beispiel könnte auch dem Umweltrecht ein Kerngehalt zugestanden werden, der unantastbar ist – so, wie wir es von den Grundrechten her kennen.
In diese Richtung geht die
Primaten-Initiative im Kanton Basel-Stadt. Sie fordert das «Recht von nichtmenschlichen Primaten auf Leben und auf körperliche und geistige Unversehrtheit». Dieses dürfte auch dann nicht verletzt werden, wenn ein starkes menschliches Interesse an Tierversuchen besteht.