Recht haben – es ist eigentlich eine seltsame Wendung. Im Englischen ist man richtig – am I right? Tatsächlich verbirgt sich da eine rechtsphilosophische Grundsatzfrage: Wer darf Rechte beanspruchen? Instinktiv würde man sagen: ist doch klar, alle Menschen. 1972 machte der Rechtswissenschaftler Christopher D. Stone indessen einen radikalen Vorschlag: Wäre der Umwelt am besten geholfen, wenn sie selber für ihre Rechte einstehen könnte? «Should Trees Have Standing?» hiess sein Aufsatz – der simple Titel ist nicht so leicht auf Deutsch zu übersetzen: «Standing» bezeichnet im Englischen die Möglichkeit, Klage führen zu können (auf Deutsch heisst das sehr technisch «Rechtsfähigkeit»). Können Bäume natürlich nicht, sie sind ja keine Personen. Nicht wie in J. R. R. Tolkiens Fantasy-Epos «Herr der Ringe», wo es Baumwesen gibt, die sprechen und sogar herumgehen können – wahre Riesen, die sich eigentlich lieber aus der «Politik» heraushalten. Aber letztlich werden sie doch in die kriegerische Handlung in Mittelerde hineingezogen und spielen eine entscheidende Rolle beim Sieg gegen Saruman, der eine Art industrialisierte Kriegsmaschinerie aufzieht und dabei sehr rücksichtslos mit der Natur umgeht.
Tolkiens Baumwesen brauchen kein Standing, um vor Gericht gegen das ihnen und dem ganzen Wald angetane Unrecht zu kämpfen. Sie nehmen das Recht in ihre eigenen Hände. Einige Kritikerinnen und Kritiker interpretieren «Herr der Ringe» diesbezüglich nicht als Fantasy, sondern als explizite Öko-Kritik mit klarem Bezug zu unserer Welt. Tatsächlich schrieb Tolkien einmal in einem Brief: «Von meinem Vater habe ich eine fast zwanghafte Liebe zu Bäumen geerbt: Als kleiner Junge wurde ich Zeuge, wie massenhaft Bäume für den Komfort des Verbrennungsmotors gefällt wurden. Ich betrachtete dies als vorsätzlichen Mord an lebenden Wesen.»