Es ist noch nicht lange her, da verliebte sich die Immobilienbranche in ein neues Wort: «entmieten». Entmietet wird, wenn Mieterinnen und Mieter unfreiwillig ausziehen müssen – was häufig der Fall ist, wenn ihre Wohnung mehr Rendite bringen soll. Immer öfter lassen Immobilienbesitzerinnen und -besitzer zu diesem Zweck ganze Wohnhäuser und sogar Siedlungen abreissen und die Mieterinnen und Mieter auswechseln. Besonders in den Städten. In Zürich beispielsweise wurden 2019 für beinahe 70 Prozent der neu gebauten Wohnungen 1362 bestehende zerstört (ein grosser Teil davon – ohne Entmietung – auch von Wohnbaugenossenschaften). Im Jahr davor waren es sogar noch mehr. Die Zahl der sogenannten Ersatzneubauten verzehnfachte sich innerhalb von 20 Jahren. Das Abreissen von oft noch intakten Wohnhäusern mit günstigen Mieten ist zu einem Trend geworden. Ein prominentes Beispiel sind die noch nicht einmal 30-jährigen Wohnhäuser der Pensionskasse der Credit Suisse in Zürich-Brunau: 240 Wohnungen wollte die Bank ersetzen – und mit ihnen die Mieterinnen und Mieter.
Ein wichtiger Treiber für die verschwenderische Entwicklung ist die aktuelle Situation am Finanzmarkt: In Zeiten von Negativzinsen gehört ein Haus mit Mietwohnungen zu den rentabelsten und sichersten Anlagen. Von den Immobilienbesitzerinnen und -besitzern wird aber gern ein anderer Grund genannt, wenn sie in Wohnquartieren die Bagger auffahren lassen: Man müsse verdichten. Tatsächlich geht Verdichtung auch ohne Abriss und sogenannte «Leerkündigungen» – aber sie ist ein willkommenes Argument, um Ersatzneubauten zu rechtfertigen.