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06.12.2021 von Pieter Poldervaart

Respekt vor dem Tier gilt auch beim Anlegen

Die ABS berücksichtigt bei ihren Investitionen die Natur, wobei das Tierwohl ein wichtiger Aspekt ist. Massentierhaltung und Geschäftsfelder, die dem Artenschutz zuwiderlaufen, können zum Ausschluss führen. Dafür sorgt die ABS-Fachstelle Unternehmensanalyse.


Beitrag der ABS
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Markus Ott ist seit April 2021 Leiter Fachstelle Unternehmensanalyse. Er und sein Team prüfen anhand diverser Kriterien, welches Unternehmen gelistet wird.
Foto: Wolf AG, Olten

5,1 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer ernähren sich heute vegetarisch oder gar vegan, in jeder fünften Familie kommt Fleisch nur noch sporadisch auf den Tisch. Der Siegeszug einer Ernährung, die vor allem auf Pflanzen basiert, schlägt sich auch im Detailhandel nieder. Ersatzprodukte für Fleisch, Käse und Milch füllen im Supermarkt mittlerweile ganze Kühlregale. Mit dabei ist Beyond Meat. Das US-amerikanische Unternehmen produziert aus verarbeitetem Erbsenmehl, pflanzlichen Ölen und Gewürzen erfolgreich einen Fleischersatz. Die Produktepalette ist seit zwei Jahren auch in der Schweiz erhältlich – und die Aktie von Beyond Meat hat Aufnahme im ABS-Anlageuniversum gefunden: «Es braucht solche Alternativen zu tierischem Protein, um den Fleischkonsum zu senken. Fertigprodukte wie jene von Beyond Meat sind ein guter Ansatz», erklärt Markus Ott, Leiter Fachstelle Unternehmensanalyse bei der ABS. Der schwedische Getreidegetränkeproduzent Oatly befindet sich derzeit im Bewertungsprozess. Das Unternehmen bietet Alternativen zur Kuhmilch an, die aus Sicht des Tierschutzes umstritten ist. Oatly ging im Mai 2021 an die Börse. Nach Beyond Meat ist die Firma erst der zweite Lebensmittelproduzent mit einem rein pflanzlichen Sortiment, der diesen Schritt tat. Ein ähnliches Geschäftsmodell hat die kanadische Sunopta. Die Firma erzeugt vegetarische, teils Fair-Trade- und umfassend biologische sowie gentechfreie Lebensmittel und vertreibt sie weltweit.

Fischfang besonders heikel

Die drei Firmen mögen im weltweiten Lebensmittelbusiness Nischenplayer sein, doch zumindest die beiden erstgenannten wachsen stark. Für die ABS ist es wichtig, solche Titel im Portfolio zu haben, um breit diversifiziert zu sein. Denn viele konventionelle Grössen aus der Lebensmittelbranche haben keine Chancen, bei der ABS in die Kränze zu kommen. Grund sind dabei auch die Ausschlusskriterien, die zur Anwendung kommen, wenn Tiere misshandelt werden. Und das sei bei der Massentierhaltung an der Tagesordnung, so Ott: «Die industrielle Landwirtschaft mit ihrem hohen Spezialisierungsgrad ist stark standardisiert. Da gerät das Tierwohl oft unter die Räder.» Ohnehin sind derzeit Firmen, die sich vorwiegend auf Herstellung und Verkauf von Fleisch konzentrieren, ausgeschlossen. Industrieller Fischfang und Fischzucht seien ebenfalls mit einem nicht akzeptablen Leiden der Tiere verbunden. «Wird im kleinen Stil und tierschonend gefischt oder gezüchtet, dann reichen die Mengen nur für den lokalen Markt – und solche Firmen finanzieren sich lokal oder regional», gibt Ott zu bedenken. Wolle ein Unternehmen aber grössere Fischmengen bereitstellen, gehe das in der Regel auf Kosten des Tierwohls. Derzeit befindet sich deshalb kein Anbieter aus der Fischerei im ABS-Universum.

Unternehmen wehren sich gegen Tierversuche

Tiere werden nicht nur gegessen, sondern auch als Testobjekt verwendet. In der Medikamentenentwicklung sind Tiermodelle in vielen Fällen gesetzlich vorgeschrieben. Die ABS akzeptiert denn auch Arzneimittelhersteller, die solche unumgänglichen Tests durchführen. Doch auch im Gesundheits- und Kosmetiksektor sind Tierversuche noch immer gang und gäbe, obwohl sie nicht obligatorisch sind. Titel von Firmen, die dieses unnötige Tierleid in Kauf nehmen, sind bei der ABS tabu. Kritisch wird es dann, wenn einzelne Länder über das international akzeptierte Mass hinaus Tierversuche fordern. China ist so ein Fall, was zu Komplikationen führt: Weil das Naturkosmetikunternehmen L’Occitane nach Fernost exportiert, braucht es ein entsprechendes Zertifikat. Die ABS trägt dieser Besonderheit Rechnung und hat den Titel dennoch aufgenommen – auch deshalb, weil sich  L’Occitane zusammen mit einer Gruppe von Mitbewerbern dafür engagiert, dass Alternativen zu Tierversuchen zugelassen werden. Tatsächlich akzeptierten die chinesischen Behörden einen ersten solchen Test.

Big Pharma bleibt draussen

Neben Nutz- und Versuchstieren schützen die ABS-Ausschlusskriterien auch Wildtiere: Unternehmen, die mit ihren Aktivitäten geschützte Naturflächen zerstören oder die biologische Vielfalt massiv gefährden, werden nicht ins Portfolio gehievt. Ebenso wenig akzeptiert die ABS Firmen, die Pestizide produzieren oder damit handeln. Denn diese belasten die Biodiversität – und damit das Habitat von Wildtieren. Gerade bei grösseren Firmen sind es aber meist mehrere Faktoren, die dazu führen, dass der Titel nicht gelistet wird. So ist der Ausschluss im Fall von Roche laut Ott unter anderem damit zu begründen, dass das Pharmaunternehmen zu Gentechnologie mit Embryonen forscht, eine Lohnschere von 1:308 kennt und exzessive Renditen anstrebt – alles Ausschlusskriterien, die der ABS und wohl auch ihren Kundinnen und Kunden wichtig sind.
Weitere Infos: abs.ch/grundsaetze

Prüfstelle für neue Titel

Zu bestimmen, ob ein Titel ins ABS-Universum passt oder nicht, ist ein intensiver Prozess. Auch nach dem Entscheid werden die Titel im Universum regelmässig überprüft. Tauchen neue Kontroversen auf, werden diese einbezogen. Die Fachstelle Unternehmensanalyse hat dabei eine Torhüterfunktion inne: «Wir untersuchen nicht nur die Firma selbst, sondern prüfen auch ihre Lieferanten sowie ihre Produkte und Dienstleistungen», beschreibt Fachstellenleiter Markus Ott seine Arbeit. Am Ende steht die Beurteilung im Rahmen eines Ratings, bei dem ökonomische, sozial-ethische und ökologische Kriterien gleich gewichtet werden. Ein besonders nachhaltiger Titel erhält fünf Vögel, ein nur noch knapp akzeptabler bekommt einen Vogel zugesprochen. Gibt es gar keinen ABS-Vogel, wird der Titel nicht aufgenommen. Den jeweiligen Entscheid fällt die Fachstelle Unternehmensanalyse in enger Absprache mit dem Asset Management und der Anlageberatung.
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