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06.12.2021 von Muriel Raemy

Ein positiver Kreislauf entsteht

Christian Hofer stellte vor fünf Jahren auf zertifizierten biologischen Anbau um. Seit Kurzem hat er sich der regenerativen Landwirtschaft verschrieben und will seine Ackerflächen langfristig pfluglos bearbeiten. Auf seinem Hof in Mont-sur-Rolle (VD) achtet er genau auf den empfindlichen Stickstoffkreislauf, auf den auch seine Kühe einen Einfluss haben.


Beitrag der ABS
Artikel in Thema Tiere ausbeuten?
Christian Hofer ist Landwirt und stellte vor fünf Jahren auf zertifizierten biologischen Anbau um. Dabei spielt seine Herde von 40 Kühen eine wichtige Rolle beim Stickstoffkreislauf.

Christian Hofer ist Landwirt in Mont-sur-Rolle, einer Gemeinde im Herzen der Waadtländer Côte. Die sanften Hänge der bekannten Weinbauregion ziehen sich vom Genfersee bis zum Jura. Zusammen mit Christian Streit in Aubonne, Gérald Huber in Féchy und Christian Forestier in Thierrens hat Hofer die Gireb gegründet, eine unabhängige Gruppe für Forschung und Fachwissen im Bereich der biologischen Landwirtschaft. So können die Landwirte die Kosten und vor allem die Risiken der neuen Anbaumethoden, die sie auf ihren Höfen testen, um zu einer regenerativen Landwirtschaft überzugehen, gemeinsam tragen. 

Böden schützen

Christian Hofer reduzierte den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, als die Kontroversen um Glyphosat begannen. Vor fünf Jahren hat er nun die Anbaumethoden auf seinem 60 Hektar umfassenden Hof radikal verändert und auf Bio umgestellt. Zu Gireb meint er: «Wir haben effizientere Geräte gekauft, Kulturen zusammengelegt, und wir arbeiten mit Direktsaat und Ackerfräsen, um tiefere Eingriffe in die Bodenstruktur zu vermeiden. Dass wir dieses Abenteuer zu viert gewagt haben, hat es leichter gemacht.» Bei der regenerativen Landwirtschaft kommt den Böden eine besonders grosse Bedeutung zu. Um die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen, werden mehrere Ansätze verfolgt, etwa die pfluglose Bodenbearbeitung, die ständige Bodenbedeckung, die aerobe Kompostierung oder der Einsatz von effektiven Mikroorganismen. Es gibt keine verbindlichen Vorgaben, und so können sowohl biologisch als auch konventionell produzierende Bäuerinnen und Bauern auf regenerative Landwirtschaft setzen. «Es gibt keine Gebrauchsanweisung; man muss die Prozesse beobachten und verstehen lernen, welche Veränderungen sich durch die neuen Anbaumethoden ergeben.» 
Was in Böden geschieht, ist noch in mancherlei Hinsicht ein Rätsel. Das Zusammenspiel von Humus, Wasser, Pilzen und Bakterien ist noch schlecht erforscht. Die Mitglieder der Gireb möchten deshalb Forschungsprojekte lancieren, um ihre Gras-, Getreide- und Weinkulturen auf vier verschiedenen Höhenlagen mit unterschiedlichen klimatischen Bedingungen zu untersuchen. Zur Finanzierung der Forschung haben sie Gelder von Stiftungen sowie privaten und öffentlichen Institutionen beantragt. «Wir träumen von einem nachhaltigen, diversifizierten und ökologischen System, doch für uns allein ist das eine Nummer zu gross. Der Klimawandel, der sich auf die Temperaturen und die Niederschlagsmengen auswirkt, setzt die Umwelt und somit auch unsere landwirtschaftlichen Methoden unter Druck. Die Systeme sicher zu machen, wird grosse Investitionen in Form von Zeit, Geld und Bildung erfordern. Dazu ist eine kollektive Anstrengung nötig.»

Stickstoff als natürlicher Dünger

Christian Hofer bedauert, dass die Argumente gegen den Einsatz von synthetischen Pestiziden bei der Abstimmung vom 13. Juni 2021 die Mehrheit der Bevölkerung nicht überzeugen konnten. «Der Einsatz von chemischen Düngemitteln und vor allem von Insektiziden ist keine langfristige Lösung. Es gibt andere Mittel für die Düngung unserer Felder: Mist, Kompost und Gründüngung mit Leguminosen wie Luzerne, Klee oder Linsen, die für eine maximale Bodenbedeckung sorgen und den Böden den Stickstoff zurückgeben.» 
Kuhfladen und Pferdeäpfel spielen bei der Bereitstellung von Nährstoffen für den Boden eine entscheidende Rolle. In der Haltung von Nutztieren sieht Hofer die Möglichkeit, den Stickstoffkreislauf in seinem Betrieb sinnvoll zu schliessen. «Meine Tiere ganz natürlich mit unserem Gras zu ernähren und ihre Ausscheidungen danach im Betrieb zu nutzen, scheint mir die effizienteste und ökologischste Lösung.» Auf zugekaufte Düngemittel für seine Kulturen kann er noch nicht verzichten, mittelfristig möchte er aber davon unabhängig werden.

Eine ökologische Landwirtschaft ist möglich

Eine neue Schlacht erwartet die Landwirtschaft: Die eidgenössische Volksinitiative «Keine Massentierhaltung in der Schweiz» will die landwirtschaftliche Tierhaltung verbessern. Sollte die Vorlage angenommen werden, beträfe sie Christian Hofer nicht, denn der Initiativtext bezieht sich auf die Bio-Suisse-Richtlinien, die er bereits einhält. Er hat schon vor längerer Zeit entschieden, nur 40 Kühe gemäss dem Natura-Beef-Label von Mutterkuh Schweiz zu halten. Die Kälber bleiben bei der Mutterkuh, und die Herde weidet den grössten Teil des Jahres. «Schweine- und Pouletfleisch in Massentierhaltung zu produzieren, wie es heute gemacht wird, ist problematisch. Wir sind mit der Ausbeutung der Tiere zu weit gegangen. Ihr Wohlergehen sollte eine Selbstverständlichkeit sein.»
Hofer möchte also kein «schmutziges Fleisch» und auch kein «falsches Fleisch», wie es Veganismus-Aktivistinnen und -Aktivisten fordern, sondern Milchprodukte und Fleisch aus einer Produktion, die Mensch und Tier respektiert. Er ist auch ein Verfechter der kurzen Wege: Im Direktverkauf lassen sich höhere Margen auf den Kilopreis für Fleisch erzielen. Dies ermöglicht, weniger Tiere zu halten und die Grösse der Herden an die Grösse der landwirtschaftlichen Betriebe anzupassen, die dann ihre Tiere mit selbst angebautem Grünfutter und Getreide ernähren können. So entsteht ein positiver Kreislauf: gesunder Boden, qualitativ hochwertige Nahrungsmittel für Mensch und Tier sowie ein angemessenes und faires Einkommen. «Für mich gibt es zwei Prioritäten: die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen und unsere Produktionssysteme anzupassen. Eine ökologische Landwirtschaft ist möglich, wir müssen es nur tun», schliesst Christian Hofer.
Die Alternative Bank Schweiz finanziert die Hypothek von Christian Hofer. «Ich habe den Hof von meinem Vater gekauft. Zuerst klopfte ich bei den Grossbanken an, doch irgendwann hatte ich die Nase voll von den Skandalen, in die diese verwickelt sind. Ich schätze den Ansatz der ABS: Bei ihr steht Rentabilität nicht über allem, und grosse Unternehmen werden nicht grundsätzlich bevorzugt.»
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