Für Schweizerinnen und Schweizer ist Plattformarbeit meist ein Nebenerwerb: Laut
Jan Marco Leimeister von der Uni St. Gallen sind das «Dritt- bis Fünftjobs», die «als einfach verfügbarer Zuverdienst dienen oder Abwechslung zu anderen Tätigkeiten bieten». Doch für manche Personen mit kleinen Arbeitspensen, etwa Studierende, dürfte Crowdwork der Haupterwerb sein. Und für
viele der Tausenden von Uber-Taxifahrern wichtig zur Existenzsicherung – neben einer gering bezahlten Hauptarbeit. Für gewisse gering Qualifizierte dürfte zudem die
Arbeit für den Velokurierdienst Uber Eats die einzige Möglichkeit überhaupt sein, Geld zu verdienen. Auch wenn es nur 10 Franken pro Stunde sind.
Manchmal können die Auftragnehmenden den Lohn selber steuern. Bei der Plattform Kork kann man Offerten auf die Aufträge abgeben. Hector Garcia sagt, die Kundinnen und Kunden würden neben dem Preis auch andere Kriterien berücksichtigen, den Zuschlag erhalte nicht unbedingt der günstigste Anbieter oder die günstigste Anbieterin. Er selber verdiene 30 bis 40 Franken pro Stunde.
Um eine faire Bezahlung breit durchzusetzen, fordert Syndicom einen besseren Schutz für Gig-Worker. Dazu seien neue Regeln und Gesetze notwendig. Plattformen sollen mittels Zertifikat garantieren, dass sie rechtliche und soziale Mindeststandards einhalten. Die Gewerkschaft geht davon aus, dass die Gig-Economy stark zulegen wird. Doch für die Schweiz sei das momentan unwahrscheinlich, sagt Jens Meissner, der an der Hochschule Luzern zum Thema New Work forscht: «Solche Prophezeiungen haben sich bisher nicht bewahrheitet.» Die Pandemie habe die Plattformarbeit vielleicht begünstigt, aber es würden keine Kerntätigkeiten ausgelagert. «Dafür eignen sich nur stark standardisierte Arbeiten», sagt Meissner. Zudem würden Arbeitssuchende, zumindest solche im Bereich qualifizierter Arbeit, kaum aus Not zu Gig-Workern. «In der Schweiz gibt es genügend gute Arbeit, und nach wie vor herrscht quasi Vollbeschäftigung und Fachkräftemangel.» In anderen Ländern könne Gig-Work attraktiv sein, weil es an fair bezahlter Arbeit fehle.