Meine Söhne, 14 und 12 Jahre alt, erhalten kein Taschengeld, aber ich bezahle sie für bestimmte Aufgaben in Haushalt und Garten. Ihre jüngere Schwester ist immer wieder begeistert von der Grosszügigkeit der Bäckereiverkäuferin, die mir auf meinen Geldschein ganz viele Münzen zurückgibt. Ich möchte ihr diese Freude nicht nehmen. Sollte ich das? Ist es zudem sinnvoll, meinen Söhnen beizubringen, dass jede Arbeit einen Lohn verdient? Gibt es hier eine richtige Vorgehensweise?
«Es gibt kein Richtig oder Falsch, aber eine Regel, die gegen ein Tabu verstösst: Man muss über Geld sprechen! Es ist wichtig, dass Eltern offen und konkret darüber reden. Allerdings habe ich festgestellt, dass dies in Familien eher selten gemacht wird.» Caroline Henchoz, Soziologin, Lehrbeauftragte und Forschungsrätin an der Universität Freiburg sowie Assistenzprofessorin an der Hochschule für Soziale Arbeit der HES-SO Valais-Wallis, interessiert sich seit über zwanzig Jahren für den Umgang mit Geld in Familien. In ihrem Forschungsgebiet ist sie fast allein, denn der Einfluss der Eltern auf die Finanzkompetenzen der Kinder wurde bisher noch kaum systematisch erforscht.
Henchoz hat herausgefunden, dass Finanzkompetenzen nicht allein durch eine explizite Finanzerziehung erworben werden: Kinder und Jugendliche lernen viel durch Imitieren und Ausprobieren, meist geschieht dies über ein eigenes Sparkonto oder Taschengeld. Laut Henchoz handhabt jede Familie diese Themen auf ihre eigene Art, entsprechend ihrer «Philosophie»: Entweder erhält das Kind ein Taschengeld in bestimmter -Höhe oder dieses ist an die Erfüllung bestimmter Aufgaben geknüpft. Oder Eltern und Kind handeln gemeinsam aus, welche Käufe notwendig sind. Auf diese Weise vermitteln Eltern den Kindern zwar ihre Werte, aber nicht unbedingt ihr Know-how im Umgang mit Geld oder in der Budgetplanung. Für die Soziologin ist klar, dass die Schule hier einen Beitrag leisten muss.