Nachdem das Interview mit dem Direktor des Zollfreilagers nicht zustande gekommen war, schickten wir die Fragen schriftlich. Von seiner Nachfolgerin Anne-Claire Bisch, die per 1. November offiziell die Leitung des Genfer Zollfreilagers übernimmt, erhielten wir schliesslich Antworten. Wir hatten unter anderem nach «Mipsa-Nord» gefragt, dem neuen Gebäude, das 2014 ausschliesslich für Kunst und Wein eröffnet wurde und perfekte Lagerbedingungen sowie Sicherheitsvorkehrungen bietet. Dazu Bisch: «Unsere bestehenden Gebäude waren voll und der Markt verlangte danach.» Wie viele Kunstwerke sich in «Mipsa-Nord» befinden, welchen Wert sie haben, wie die ein- und ausgehenden Kunstwerke kontrolliert werden: Darauf gibt die neue Direktorin «aus Vertraulichkeits- und Sicherheitsgründen» keine oder nur vage Antworten. Aber auf die Frage, ob es im Innern Räume gibt, in denen Kunst ausgestellt werden kann, schreibt sie: «Wir verfügen über einige spezialisierte Besichtigungsräume, die den Kunden im Rahmen unserer Bestimmungen und Sicherheitsvorkehrungen zugänglich sind.»
«Mipsa-Nord» war ein Projekt von Yves Bouvier. In Singapur und Luxemburg baute er ähnliche Kunstzollfreilager, weitere waren beispielsweise in Dubai und Malta in Planung. Für jenes in Singapur musste das dortige Parlament, wie der «New Yorker» schrieb, extra die Gesetzgebung ändern. Bouviers Grundidee bestand gemäss New Yorker darin, dass sich Freilager im 60 Milliarden Dollar schweren internationalen Kunstmarkt zu Drehscheiben entwickeln würden, «zu Orten für Wissenschaftler, Restauratoren, Versicherer, Spezialisten für Kunstfinanzierung, Berater und Händler.» Bouviers Idee war auch, dass dies Orte würden, an denen sich die Ultrareichen wohl fühlen.