Seit sich die Kunst aus der Patronage der Mächtigen befreit und sich einen neuen Herrn, den Markt, gesucht hat, verbindet sie mit dem Geld ein ständiges Sehnsuchtsverhältnis. Wie kommt das? Auf den ersten Blick scheinen Kunst und Geld absolute Gegensätze zu sein. Das Geld ist die objektive Bewertung, die Kunst dasjenige, das sich jeder objektiven Bewertung entzieht. Diese Wert-, weil Nutzlosigkeit auszuhalten, ist für die Kunst dermassen schwierig, dass sie sich in einen ewigen Kreislauf von Befreiung und Konformität begibt. Sie muss immer Avantgarde, immer originell sein. Sie löst sich von überkommenen Regeln und Stilen, bloss um sofort wieder neue Kategorien aufzustellen. Sie etabliert ständig ein neues Neu, von dem aufs Neue geglaubt werden kann, es sei zu etwas gut – namentlich dem Zeitgeist Ausdruck zu verleihen.
Genau dieser Glaube ist entscheidend. Er ist die schwache Erinnerung an die Religion, die Kunst in sich trägt. Die Gesellschaft muss an den ideellen Wert von Kunst glauben, sonst gibt es keine Kunst. Dies vorausgesetzt, lässt sich der Wert von Kunst, wenn sie gut ist, erleben. Das fehlt dem Geld. Auch an Geld muss geglaubt werden. Doch es ist abstrakt, seine Überzeugungskraft ist nicht suggestiv, sondern autoritär. Mag sein, dass das Geld deshalb so sehr von der Kunst fasziniert ist: Durch sie eignet es sich Transzendenz an. Umgekehrt benötigt die Kunst die Deckung durch das Geld, um ihren Wert ökonomisch abzusichern. Es geht um mehr als das blosse Geschäft: Im gehetzten Kreislauf des ewig Neuen ist das Geld zu einer der wichtigsten Orientierungshilfen geworden. Zyniker würden behaupten: zur einzigen.