Was steckt wohl dahinter, wenn in einem Länderranking Costa Rica auf Platz 1 und Luxemburg auf Platz 152 von insgesamt 161 Ländern landet? Oder wenn die Weltkarte so eingefärbt ist wie auf dem Bild oben – mit den intuitiven Farbcodes grün = gut, gelb = mittelmässig, rot = schlecht?
Offenbar hat jemand einen anderen Blick auf die Welt geworfen und andere Kriterien für die Bewertung angelegt als klassische Wirtschaftsindikatoren wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Über das BIP hat der US-Politiker Robert Kennedy bereits 1968 einmal gesagt, dieser Index messe alles – ausser dem, was das Leben lebenswert mache. Und das BIP kümmert sich auch nicht darum, ob sich die Wirtschaftsleistung und der ausschliesslich so verstandene Wohlstand innerhalb der planetaren Grenzen bewegen oder die Lebensgrundlagen der zukünftigen Generationen auf der Erde zerstören.
Ein ökologisches Preisschild für Wohlstand und Glück
Genau hier setzt der andere Blick an, der die Welt so einfärbt wie in der Karte. Er trägt den hoffnungsvollen Namen Happy Planet Index (HPI). Der HPI ist ein alternativer Fortschrittsindikator, der 2006 von der britischen Denkfabrik New Economics Foundation gemeinsam mit Friends of the Earth entwickelt wurde. Der HPI tut vor allem zwei Dinge, die konventionelle Wirtschaftsindikatoren wie das BIP nicht tun:
Erstens bezieht er Aspekte von Wohlstand jenseits wirtschaftlicher Dimensionen ein. Diese sind zum einen die Lebenserwartung oder das subjektive Wohlbefinden der Bevölkerung. Auch das Ausmass der Ungleichheit ist für den HPI relevant: Geht es nur einigen wenigen Menschen gut oder breiten Teilen der Bevölkerung? Diese nicht wirtschaftlichen Dimensionen von Wohlstand fasst der HPI unter dem Schlagwort «glückliche Lebensjahre» zusammen.
Zweitens gibt er den so ermittelten glücklichen Lebensjahren ein «Preisschild» in Sachen Nachhaltigkeit, indem er ihnen den ökologischen Fussabdruck des jeweiligen Landes gegenüberstellt. Das ist das eigentlich Spezifische des HPI, das ihn von anderen Indizes unterscheidet, die – wie zum Beispiel der «World Happiness Report» – ebenfalls versuchen, das Glück zu messen. Der HPI fokussiert auf die ökologische Effizienz, mit der ein spezifisches Land das Wohlbefinden seiner Bevölkerung generiert. Welch grossen Unterschied diese wichtige Ergänzung machen kann, lässt sich am Beispiel von Luxemburg gut illustrieren: Der World Happiness Index platziert Luxemburg auf Rang 6. Der HPI hingegen verbannt das Land in die zuletzt platzierten 20 Länder, weil Luxemburg einen der grössten ökologischen Fussabdrücke weltweit hat.
Der HPI und die ABS
Diese Ergänzung um den ökologischen Preis des Glücks macht den HPI für die ABS interessant und fliesst darum in die Länderbewertung ein. Die bankinterne Unternehmensanalyse bewertet nämlich nicht nur Firmen und entscheidet über ihre Aufnahme ins ABS-Anlageuniversum. Bewertet werden auch ganze Staaten im Zusammenhang mit Investitionen in Länder-Wertpapiere. «Bei dieser Bewertung greifen einerseits unsere sechs Ausschlusskriterien, die in den für alle ABS-Geschäftsbereiche verbindlichen Anlage- und Kreditrichtlinien festgelegt sind», erklärt Louise Conze, Analystin im Team Unternehmensanalyse. «Zum direkten Ausschluss führt zum Beispiel, wenn ein Staat gegen die demokratischen und politischen Grundrechte verstösst, Todesstrafe und Folter praktiziert, systematisch die Menschenrechte verletzt oder an Kriegshandlungen beteiligt ist.»
Die ABS berücksichtigt zudem weitere Informationen von einem externen Datenanbieter, wodurch zum Beispiel anerkannte internationale Verträge und Abkommen abgedeckt werden. Ausser den Ausschlusskriterien legt die ABS der Länderbewertung neun weitere Positiv- beziehungsweise Negativkriterien zugrunde, darunter auch den HPI. Diese Bewertungskriterien fliessen mit einem geringeren Gewicht in die Analyse ein und führen so zu einem mehr oder weniger positiven Gesamtbild.
«Der HPI ist für die ABS lediglich eine Ergänzung zu weiteren Kriterien», betont Louise Conze. Denn: «Er ist ein fokussierter und vereinfachter Blick auf die Welt und blendet wichtige Dimensionen wie den Zugang zu Bildung oder die Menschenrechtssituation aus. Dennoch zeichnet er eine aufschlussreiche alternative Weltkarte, die uns zeigt, wie hoch die ökologischen Kosten für die glücklichen Lebensjahre einer spezifischen Landesbevölkerung sind.»