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06.03.2024 von Simon Rindlisbacher

Steuersystem Schweiz ?!

Das Steuersystem in der Schweiz ist stark vom Föderalismus geprägt: Nicht nur der Bund, sondern auch die Kantone und die Gemeinden erheben Steuern. Sie finanzieren damit staatliche Leistungen, versuchen das Verhalten der Schweizerinnen und Schweizer zu lenken und Einkommensunterschiede auszugleichen. Verschiedene Zahlen, Fakten und Grafiken geben einen Einblick in die Funktionsweise dieses komplexen Systems.

Artikel in Thema Steuern

Abgaben ohne direkte Gegenleistung 

Unter Steuern versteht man Abgaben von juristischen und natürlichen Personen an den Staat. Sie decken die Kosten, die durch das Ge­meinwesen entstehen. Dabei besteht kein Anspruch auf eine direkte Gegenleistung. Der grösste Teil der Steuereinnahmen des Bundes fliesst in den Bereich «Soziale Sicherheit», der unter anderem die Ausgaben für die AHV oder für die Prämienverbilligung der Krankenkassen ­beinhaltet. Viele Kantone geben den grössten Teil der Einnahmen im Bildungsbereich aus. 


Steuerhoheit auf drei Ebenen

In der Schweiz erheben der Bund, die Kantone und die Gemeinden Steuern. Welche Steuer Bund und Kantone erheben dürfen, ist in der Verfassung geregelt. Die Kantone wiederum bestimmen, welche Steuern die Gemeinden erheben dürfen. 


Steuern im engeren und im weiteren Sinn

Fragt man bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung nach, ist neben den Zöllen alles eine Steuer, das den Begriff «Steuer» oder «Abgabe» im  Namen trägt: Einkommenssteuer, Gewinnsteuer, Wehrpflichtersatzabgabe, Mehrwertsteuer oder Spielbankenabgabe beispielsweise. Etwas weiter gefasst, lassen sich auch Transferausgaben wie die Krankenkassenprämien oder die AHV-Abgaben dazuzählen. Auch diese Abgaben müssen wir von Gesetzes wegen zahlen, ohne eine direkte Gegenleistung zu erhalten.


Wer zahlt wie viel? 

Steuern können unterschiedlich berechnet werden. Linear sind Steuern mit einem festen Prozentsatz wie beispielsweise die Gewinn- und Kapitalsteuern für Unternehmen in den meisten Kantonen. Progressive Steuern berücksichtigen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit: Wer mehr verdient oder besitzt, zahlt auch einen grösseren Prozentsatz davon als Steuer. Das ist beispielsweise bei der Einkommenssteuer der Fall. Degressive Steuern hingegen belasten tiefe Einkommen und Vermögen verhältnismässig mehr als hohe. Zählt man die Krankenkassenprämie zu  den Steuern, ist sie eine degressive: Egal, wie viel jemand verdient, die ­Prämie bleibt gleich hoch. Bei Familien wirken die Krankenkassen­prämien dank den Prämienverbilligungen etwas weniger degressiv.


Ungleichheit reduzieren …  

Nebst der Finanzierung des Gemeinwesens sollen Steuern zwei Dinge bewirken: zum Ausgleich der Einkommensungleichheit beitragen und lenken. Einkommen werden in der Schweiz progressiv besteuert, wodurch die Einkommensungleichheit tatsächlich verringert wird. Im Vergleich zu anderen Ländern allerdings weniger stark, wofür der Steuerwettbewerb verantwortlich gemacht wird; Gutverdienende können sich den Wohnort mit dem niedrigsten Steuersatz aussuchen. Dank Transferausgaben beziehungsweise -einkommen wie der AHV schneidet die Schweiz bei der Umverteilung von Einkommen durch staatliche Mechanismen trotzdem vergleichsweise gut ab. Deutlich grösser als die Einkommensungleichheit ist in der Schweiz übrigens die Vermögens­ungleichheit. Diese ist auch im europäischen Vergleich hoch. 


… und lenken 

Eine lenkende Wirkung haben Steuern, wenn sie auf bestimmten Gütern wie Heizöl oder Alkohol erhoben werden. Dadurch werden diese verteuert und die Nachfrage sinkt. Die Einnahmen aus Lenkungsabgaben fliessen nicht in die allgemeine Staatskasse, sondern werden zweckgebunden re­investiert oder der Bevölkerung zurückerstattet (z. B. via Krankenkasse).


Spezialität Vermögenssteuer 

Die Kantone und Gemeinden – nicht aber der Bund – er­heben von natürlichen Personen zusätzlich zur Einkommenssteuer eine Vermögenssteuer. Viele andere Staaten, darunter Deutschland, Österreich, Italien und zuletzt auch Frankreich, haben die Vermögenssteuer abgeschafft. In der Schweiz ­machte sie 2021 allerdings insgesamt nur 4 Prozent der gesamten Steuereinnahmen des Staates aus. 


Steuerparadies? 

Die Schweiz gilt weithin als Steuerparadies. Dieser Schluss liegt nahe, wenn man die Fiskalquote (Gewicht der Steuer­einnahmen und der Sozialversicherungsbeiträge, gemessen am Bruttoinlandprodukt) der Schweiz mit anderen Ländern vergleicht. Berücksichtigt man auch die Beiträge an nichtstaatliche Sozialversicherungen sowie Gebühren für Amtshandlungen oder Spitaltaxen, ist die Steuerbelastung für Gutverdienende in der Schweiz höher als im Durchschnitt der OECD-Staaten. ­Anders sieht es bei Unternehmen aus: Hier gehört der durchschnittliche Steuersatz zu den niedrigsten der Welt. 


Begünstigte Kapitaleinkommen 

Kapitaleinkommen von Privatpersonen werden hierzulande vergleichsweise tief besteuert. Dividenden müssen zwar als Einkommen versteuert werden, aber nur, wenn man nicht mehr als 10 Prozent am Unternehmen hält. Gewinne aus dem Verkauf von beweglichem Privatvermögen (z. B. Aktien oder Autos) sind steuerfrei – in den meisten OECD-Staaten ist dies ­anders. Auf nationaler Ebene gibt es keine Erbschaftssteuer. Die Kantone wiederum haben die Erbschaftssteuern in den vergangenen Jahrzehnten stark reduziert. Meist muss man keine Steuern zahlen, wenn man innerhalb der engeren Familie (z. B. von den Eltern) erbt.


26 Steuergesetze

Die Steuerbelastung in der Schweiz unterscheidet sich von Kanton zu Kanton erheblich. Jeder Kanton hat sein eigenes Steuergesetz. ­Einkommen, Vermögen, Erbschaften, Kapital- und Grundstückgewinne sowie andere Steuerobjekte werden unterschiedlich besteuert. 


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