Linke, CVP sowie die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) fordern
seit zwanzig Jahren immer wieder schweizweite Familienergänzungsleistungen. Der Vorschlag war um die Jahrtausendwende erstmals im Bundesparlament. Danach wurde die Ausarbeitung ein-, zwei-, drei-, viermal verschoben: ein Jahrzehnt lang. 2011 entschied eine Mehrheit, dass man darauf verzichte. Ein Grund für die Ablehnung war die im bürgerlichen Lager verbreitete Meinung, die Kantone sollten selbst entscheiden, ob sie armutsbetroffene Familien unterstützen wollten. Aber bislang war eine überwiegende Mehrheit der Kantone nicht bereit, für Familienergänzungsleistungen zu zahlen.
Im Mai 2020 starteten Katharina Prelicz-Huber und die Fraktion der Grünen im Parlament einen erneuten Vorstoss für die schweizweite Einführung von Familienergänzungsleistungen. Der Bundesrat empfiehlt diesen wieder zur Ablehnung. Statt auf direkte Unterstützung setze man auf Armutsprävention und die Finanzierung günstiger Kinderbetreuung, schreibt er in seiner Stellungnahme und erinnert daran, dass man Familienergänzungsleistungen bereits von 2000 bis 2011 diskutiert habe. Über den neuen Vorstoss
«Keine Kinderarmut» muss das Parlament erst noch entscheiden. Prelicz-Huber sagt, es sei in der Sozialpolitik immer nur dann ein «Minischrittchen» vorwärtsgegangen, wenn man gar nicht mehr habe wegschauen können. Schafft die Pandemie eine solche Situation? Prelicz-Huber befürchtet, dass die Bürgerlichen schlechte Wirtschaftsaussichten und die allgemeine Verwirrung für eine Attacke auf den Sozialstaat nutzen könnten. «Aber die Hoffnung stirbt zuletzt», sagt die grüne Nationalrätin. «Wir müssen weiter Druck machen und zeigen, dass zu jeder Familie auch Kinder gehören.» Kinder, die ein Leben lang die Folgen der Armut tragen würden.
Dieser Artikel erschien erstmals im Sonderheft «Kinderarmut» des Strassenmagazins «Surprise» (484/20) und wurde für moneta leicht gekürzt.