Der Kampf gegen Krankheiten wird immer ausgeklügelter, technischer und teurer. Gesundheitsökonominnen und -ökonomen fragen sich deshalb: Wie können die knappen Ressourcen eingesetzt werden, sodass der grösstmögliche Nutzen für die Patienten und die Gesellschaft entsteht? Worin besteht der Nutzen von Gesundheitsleistungen genau, und wie lässt er sich messen?
Die bisherigen Antworten auf diese Fragen sind wenig überzeugend. Zunächst versuchten Ökonominnen und Ökonomen, den Nutzen in Form von «gewonnenen Lebensjahren» zu erfassen. Im Rahmen von klinischen Studien berechnen Epidemiologen, um wie viele Jahre eine medizinische Intervention ein Leben im Durchschnitt verlängert. So lässt sich zeigen, wie viel ein zusätzliches Lebensjahr kostet, wenn eine bestimmte Therapie eingesetzt wird. 2010 hielt das Bundesgericht in einem aufsehenerregenden Entscheid fest, dass der von der Allgemeinheit zu bezahlende Preis für ein Lebensjahr 100 000 Franken nicht übersteigen sollte. Die öffentliche Empörung entzündete sich vor allem daran, dass der Wert von Lebenszeit in Franken gemessen werden solle. Was Fachleute bemängelten, war aber hauptsächlich der Umstand, dass die Lebensqualität der gewonnenen Jahre für das Bundesgericht nicht zählte. Bereits in den 1970er-Jahren hatten Ökonominnen und Ökonomen nämlich das «quality-adjusted-life-year» (qualitätskorrigiertes Lebensjahr) erfunden, eine Kennzahl, die seither laufend weiterentwickelt wurde. Das QALY-Konzept korrigiert die Lebenszeit um einen Nutzwert-Faktor. So gehen Gesundheitsökonominnen und -ökonomen davon aus, dass eine gesundheitliche Beeinträchtigung die Lebensqualität schmälere und so beispielsweise die Anzahl Jahre, die blind verbracht werden, mit dem Faktor 0,4 zu multiplizieren sei. Mit anderen Worten: Blinde Menschen hätten dann im Durchschnitt eine Lebensqualität von nur 40 Prozent.