Worum geht es?
Die EU hat ein Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten auf den Weg gebracht. Anfang Dezember 2022 verständigten sich das EU-Parlament und der EU-Rat auf einen entsprechenden Gesetzestext. Dieser soll sicherstellen, dass Waren, die in die EU importiert werden, nicht länger zur weltweiten Abholzung oder zur Schädigung von Wäldern beitragen.
Welche Produkte werden erfasst?
Durch das neue Gesetz wird nicht nur Holz erfasst, sondern zahlreiche weitere Produkte, für deren Anbau weltweit Wälder abgeholzt werden: Soja, Rindfleisch, Palmöl, Kaffee, Kakao und Kautschuk. Die Expansion der Landwirtschaft ist der wichtigste Grund für die Zerstörung des Waldes (und nicht der eigentliche Holzbedarf). Deshalb ist das Gesetz ein grosser Schritt. Wer in Zukunft in der EU solche Waren in Verkehr bringen oder exportieren will, muss nachweisen, woher sie stammen und dass sie nicht zur Entwaldung beigetragen haben.
Wieviel Wald wurde global in den letzten Jahrzehnten abgeholzt?
Laut der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO, wurden zwischen 1990 und 2020 weltweit 420 Millionen Hektar Wald abgeholzt. Dies ist eine Fläche, die grösser ist als das ganze Gebiet der EU – von Portugal bis Estland (und noch mit Grossbritannien gerechnet). In Lateinamerika ist es vor allem die industrielle Landwirtschaft für Sojaanbau und Rinderzucht, die dem Wald das Leben schwer macht. In Afrika und in Südostasien wird der Wald vorwiegend wegen der industriellen und der kleinbäuerlichen Landwirtschaft abgeholzt.
Warum ist der Erhalt der Wälder wichtig?
Wälder sind sehr wichtig für die Biodiversität, also für die Vielfalt der Arten und der Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Zudem sorgt die weltweite Abholzung von Wäldern für eine weitere Aufheizung der globalen Temperaturen. In den Tropen wird besonders viel gerodet.
Welche Rolle spielen die EU-Staaten bei der weltweiten Abholzung?
Laut einer WWF-Studie sind die EU-Staaten für 16 Prozent der globalen Tropenwaldabholzung verantwortlich. Nur China mit 24 Prozent liegt noch vor der Europäischen Union. Die EU also grosser Handelsblock hat also weltweit sicher einen Einfluss, wenn sie ihre Importe künftig strenger kontrolliert.
Wie wird die neue Bestimmung umgesetzt?
Betroffene Unternehmen müssen eine Sorgfaltspflicht erfüllen und nachweisen, dass ihre Erzeugnisse auf Flächen angebaut wurden, die nicht nach dem Jahr 2020 entwaldet wurden. Die Herkunft wird mittels Stichproben kontrolliert.
Gilt das neue Gesetz auch für den Wald in den EU-Staaten selbst?
Ja, das ist der Fall. Staaten wie Rumänien oder Polen können in Zukunft ihre Wälder nicht mehr einfach abholzen. Skandinavische Länder wiederum müssen ihre Wälder wohl naturnäher bewirtschaften.
Wie wurde das Gesetz auf den Weg gebracht?
Die EU-Kommission machte Ende 2021 einen entsprechenden Vorschlag. Das EU-Parlament verschärfte den Entwurf. Dazu beigetragen hat sicherlich die NGO-Kampagne #Together4Forests, mit der laut dem WWF mehr als 1,4 Millionen Menschen mobilisiert werden konnten.
Was bedeutet das Gesetz für die Schweiz?
Da die EU der wichtigste Handelspartner der Schweiz ist, wird diese in absehbarer Zeit wohl ebenfalls nachziehen. Es gibt mehrere parlamentarische Vorstösse zum Thema. In der Schweiz gilt seit 2022 zwar eine neue Holzhandelsverordnung, die Importe aus illegaler Abholzung verbietet. Das neue Gesetz der EU ist aber viel umfassender. Und die Schweizer Regelung ist damit nicht mehr im Einklang mit der EU, wie das Bundesamt für Umwelt auf Anfrage erklärt.
Wie geht es nun weiter?
Das Gesetz soll in der EU voraussichtlich im Mai/Juni 2023 in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt haben grössere Unternehmen 18 Monate Zeit, um die neuen Vorschriften umzusetzen. Für kleinere Unternehmen gelten gesonderte Vorschriften und eine längere Übergangsfrist.