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01.12.2017 von Barbara Bohr

Ein Netzwerk für den globalen Wandel

Die Global Alliance for Banking on Values ist ein unabhängiges Netzwerk von Banken, das soziale, ökologische und kulturelle Projekte fördert. Seit ihrer Gründung 2009 ist die Allianz rasch gewachsen, inzwischen gehören 43 Banken aus allen Kontinenten dazu. Gemeinsam setzen sie sich für eine Erneuerung des Finanzsystems ein.

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Das Finanzsystem soll stabil werden und den Menschen dienen. Dies ist das oberste Ziel der Global Alliance for Banking on Values (GABV). 2013 veröffentlichte sie anlässlich ihres bisher grössten Auftritts die «Berliner Erklärung», in der sie die Eckpfeiler dieser Transformation formuliert:

1. Transparenz: Die GABV empfiehlt, dass sich alle Banken verpflichten, vollständige Transparenz über ihre Geschäftsmodelle sowie die Verwendung der ihnen anvertrauten Gelder zu gewähren. Kundinnen und Kunden, so die GABV, hätten ein Recht, zu wissen, was mit ihrem Geld gemacht werde

2. Nachhaltigkeit: Banken spielen eine entscheidende Rolle bei der Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Soziale und ökologische Kriterien sollen fester Bestandteil ihrer Finanzangebote sein. Banken stehen in der Pflicht, für die Folgen ihrer Aktivitäten die volle Verantwortung zu übernehmen. Ein Finanzsystem sei kein Selbstzweck, sondern diene der Realwirtschaft, heisst es in der Erklärung

3. Vielfalt: Das Finanzsystem darf nicht von einigen mächtigen Finanzinstituten dominiert werden. Politik und Regulierung müssten ein vielfältiges Bankensystem gezielt fördern. Das sorge nicht nur für Stabilität, sondern auch für eine sichere kulturelle Verankerung der Banken.

Widerstand in der Krise

Der «Berliner Erklärung» merkt man die zeitliche Nähe zur globalen Finanzkrise an. Ohne diese wäre die Allianz womöglich gar nicht entstanden. 2009 haben elf Banken – darunter die ABS – die GABV gegründet, um als «Change-Maker» des Finanzsystems agieren zu können. Zwar sei die Gründung bereits vor Ausbruch der Krise geplant, durch deren Ausbruch aber stark beschleunigt worden, erzählt Peter Blom, CEO der Triodos Bank und Mitgründer des Netzwerks. Um Mitglied zu werden, müssen genau die Aufnahmekriterien erfüllt sein, die 2013 die Basis der «Berliner Erklärung» bildeten. Ausserdem müssen Mitgliedsbanken unabhängig tätig sein, sich auf das Privatkundengeschäft fokussieren und eine Bilanzsumme von mindestens 50 Millionen Dollar aufweisen.
Die GABV will für die menschliche Seite des Bankensystems stehen. Assoziiert sind inzwischen auch sieben Partner, wie Forschungs- und Beratungsinstitute aus dem Umwelt- und Wirtschaftsbereich, Weiterbildungseinrichtungen oder Mikrofinanzorganisationen ohne Banklizenz. Die Strategie ist aufgegangen: Das hohe Mitgliederwachstum der letzten Jahre gehört für Jasmin Panjeta, Marketing- und Kommunikationskoordinator bei der GABV, zu den grössten Erfolgen des Netzwerks. Eine grosse Errungenschaft sei auch der Launch des nachhaltigen Dachfonds SFRE, ergänzt Panjeta. SFRE steht für Sustainable Finance – Real Economics und wird wie das englische Wort «sapphire» (für Saphir) ausgesprochen. Mitgliedsbanken, aber auch institutionelle Anleger und Family-Offices investieren in den global agierenden Fonds. Stolz ist Panjeta auch auf die «banking on values»-Kampagne in den sozialen Medien; denn erklärtes Strategieziel der GABV ist es, bis 2020 das wertorientierte Banking einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.

Weiterbildung und Forschung für die Mitglieder

Die GABV soll nämlich weit mehr sein als eine Allianz von Führungskräften, die sich einmal im Jahr an einem exotischen Ort treffen und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen. Die kleine Organisation mit Sitz in Amsterdam ist umtriebig und will ihre Ziele operationalisieren. Um die Weiterbildung der Mitarbeitenden aller Mitgliedsbanken zu fördern, beteiligt sich die GABV beispielsweise an der jährlichen Summer School des Institute for Social Banking (ISB). Eine ISB-Mitgliedsbank übernimmt jeweils die Austragung. Die GABV bietet auch spezielle Trainings für Führungskräfte an. Wer Gleichheit, Gerechtigkeit und Glaubwürdigkeit erwartet, muss diese Werte auch firmenintern vorleben. Ausserdem hat die Allianz für ihre Mitgliedsbanken eine Scorecard entwickelt, mit der jede Bank messen kann, wie erfolgreich sie in der Verfolgung ihrer ökologischen und sozialen Ziele ist.
Die Scorecard ist ein zentrales Element, die Umsetzung der eigenen Strategie voranzutreiben. Von diesen messbaren Zielen profitieren auch die Kundinnen und Kunden der Mitgliedsbanken: Sie können sich auf ein stabiles, etabliertes und vergleichbares Regelwerk verlassen. Die GABV gibt zudem regelmässig Studien zur Nachhaltigkeit im Finanzsektor heraus. Highlight ist eine Studie, die aufzeigt, dass nachhaltig orientierte Banken die Realwirtschaft besser als die systemrelevanten Kreditinstitute unterstützen – und das bei stabilen Gewinnen. Wenn es um Profite geht, hält sich die Allianz im Zweifelsfall an den Leitspruch Thomas Jorbergs, dem CEO der deutschen GLS Bank, ebenfalls Gründungsmitglied der GABV: «In unserem Handeln steht Sinn stets vor Gewinn.»

Gemeinsames Agieren notwendiger denn je

Die abrupten gesellschaftspolitischen Änderungen der letzten Jahre beunruhigen viele Menschen. Spätestens mit der Wahl Donald Trumps hat die GABV erneut die gemeinsamen Kräfte mobilisiert und strategische Geschlossenheit gezeigt. Mit dem «Kathmandu Pledge» vom April 2017 erneuert sie ihren Willen, sich für nachhaltiges Banking einzusetzen. Sie bleibt den Werten aus der «Berliner Erklärung» treu und bestärkt gleichzeitig ihre Absicht zur internationalen Kooperation, die auf lokale und regionale Besonderheiten Rücksicht nimmt. Das ist eine klare Absage an eine einseitig verstandene Globalisierung, die nur ganz wenigen nützt. «Unsere Arbeit ist nicht getan. Wir werden weiterhin dafür arbeiten, dass immer mehr Finanzinstitute sich auf die «triple bottom line» verpflichten. Nur so können Kunden und Konsumentinnen gute Finanzentscheidungen treffen. Wir müssen mehr tun und mehr Menschen erreichen», fasst Marcos Eguiguren, Geschäftsführer der GABV, die Haltung zusammen.
Nach der Ankündigung der USA, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen, hat die GABV ebenfalls Stellung bezogen und ihre Mitglieder darin bestärkt, die Umsetzung des Abkommens weiterhin zu unterstützen. Die Verpflichtung, die nachhaltigen Entwicklungsziele der Uno umzusetzen, gehört gleichermassen zum strategischen Regelwerk des Netzwerks. Ein weiterer Schwerpunkt ist die finanz- und bankpolitische Entwicklung. Die steht gerade im reichen Europa auf wackligen Füssen. Als klassische Kreditbanken im Dienste der Realwirtschaft sind vor allem die europäischen Mitgliedsbanken stark von der weltweiten Niedrigzinspolitik betroffen. Einlagen, die sie nicht als Kredite vergeben können, werden bei ihren jeweiligen Nationalbanken parkiert, wo sie teilweise Negativzinsen zahlen müssen. Eguiguren äussert sich in einem aktuellen Blogbeitrag sehr vorsichtig, aber für ihn scheint sich abzuzeichnen, dass die erwartete Politik des neuen Teams im Weissen Haus zu einer allmählichen Normalisierung der Zinssätze in der Eurozone beitragen sollte.
Die Arbeitsmarktdaten stützen Eguigurens Hypothese: Die Arbeitslosigkeit in den USA ist niedrig, die Wirtschaft läuft – die Fed hat kaum noch Gründe, die Zinsen am unteren Limit zu belassen. Auch in Europa mehren sich die Zeichen, dass die Zinsen wieder leicht steigen könnten. Strukturelle Schwächen werden das europäische Banksystem weiterhin belasten. Die letzten Bankrettungen in Spanien und Italien zeigen, dass das Finanzsystem weiterhin sehr instabil ist und die Gesamtwirtschaft wieder gefährden kann. Trumps geplante Deregulierungspolitik könnte auch nach Europa überschwappen und für neue Risiken sorgen. Eguiguren bleibt Optimist: «Sie werden sehen, wie die Wahl eines Präsidenten auf der anderen Seite des Atlantiks dazu beitragen kann, dass wir unsere anstehenden Aufgaben hier vor Ort schneller erledigen.»
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