Trotz einer anfänglich heftigen Gegenkampagne der konservativen Opposition, stösst das neue Verkehrsregime bei einem Grossteil der Bevölkerung auf Zustimmung. Und es zeigt Wirkung: Der Verkehr verlagert sich sukzessive vom Auto aufs Velo und die öffentlichen Verkehrsmittel. Auch die Luftqualität ist besser und die Atmosphäre im Stadtzentrum hat sich entspannt: Wo vorher Auto an Auto stand, haben nun Flaneure freie Bahn.
Im Kampf gegen Luftverschmutzung und Klimaerwärmung ging Gent Anfang 2020 noch einen Schritt weiter und erklärte die Innenstadt zur «Umweltzone»: Besonders emissionsreiche Autos haben nur noch beschränkten und zum Teil kostenpflichtigen Zugang. Wer wenig verdient und auf eine kostenpflichtige Zufahrt ins Stadtzentrum angewiesen ist, erhält finanzielle Erleichterungen. Bereits angekündigt ist, wie die Zufahrtsbeschränkungen in den kommenden Jahren sukzessive verschärft werden.
Auf die Frage, was das entscheidende Element bei der Umsetzung des «circulatieplan» sei, nannte Verkehrsstadtrat Filip Watteeuw gegenüber «Zeit online» den Mut zu Massnahmen, die anfänglich nicht nur populär seien; denn, so ist er überzeugt: «Ich weiss, dass dieser Plan die Lebensqualität erhöhen wird. Die Menschen wollen eine gesunde Umgebung!»
Dieser Mut scheint ansteckend zu sein: Anfang 2020 präsentierte die Stadtregierung von Birmingham, einen «Transport Plan», mit dem die Mobilität der zweitgrössten Stadt Grossbritanniens nach dem Vorbild von Gent radikal umgebaut und das Stadtzentrum weitgehend vom Autoverkehr befreit werden soll.
Paris, Gent und Birmingham sind mit ihren Bemühungen, den Verkehr umweltschonend zu gestalten, nicht alleine: Zahlreiche weitere europäische Städte arbeiten auf eine Verkehrswende hin: Kopenhagen fördert seit Jahren konsequent und erfolgreich den Veloverkehr, Oslo ist weltweit führend bei der E-Mobilität und macht grosse Teile der Innenstadt autofrei, und auch Londons Bürgermeister Sadiq Khan verfolgt die Vision einer Innenstadt ohne Autos – um nur drei Beispiele zu nennen. Aber das vielleicht radikalste Mobilitätskonzept hat sich Barcelona verordnet.