Dank einer neuen Generation von bezahlbaren Datenbrillen – allen voran Oculus Rift, HTC Vive oder Microsoft Hololens – ist die virtuelle Realität dabei, die Labore zu verlassen. Sensoren, Prozessoren und Grafikdarstellungen sind inzwischen so gut, dass es solcher Hilfsmittel wie des Cyberwalks nicht mehr bedarf, um in virtuellen Räumen das Gefühl des Gehens und eine echte Präsenz zu empfinden. In The Void, einer gigantischen Halle im US-Bundesstaat Utah, können Test-Gamer bereits mit ihrem ganzen Körper in ein Actionspiel abtauchen, Wände detonieren lassen, durch Flure hechten. Ein Boom virtueller Welten kündigt sich an. Doch was macht das mit den Menschen? Werden sie einfach so zwischen echter und virtueller Realität hin und her wechseln, als sei nichts gewesen? «Wir merken in Experimenten schon jetzt, dass die Leute eine ‹Rekalibrierung› brauchen», sagt Marc Latoschik, VR-Forscher an der Universität Würzburg. Die Präsenz, also das Gefühl, in einer VR wirklich da zu sein, ist bereits so überzeugend, dass sich Probanden schnell an sie gewöhnen. Allerdings spielt die gegenwärtige Technik für virtuelle Räume der menschlichen Wahrnehmung einen Streich. Eines der bekanntesten Phänomene ist die Entfernungskompression: Objekte erscheinen in der VR näher, als sie tatsächlich sind. Ein Tisch, der im zugrunde liegenden Modell zehn Meter entfernt ist, wirkt auf Teilnehmer, als sei er nur sechs, sieben Meter entfernt. Das wiederum verändert die Wahrnehmung der eigenen Geschwindigkeit und damit der Zeit.