moneta: Nicole Bardet, du bist seit neun Jahren in verschiedenen Positionen für die ABS tätig, zuletzt als Leiterin des Firmenkundenbereichs und Standortleiterin in Lausanne. Was ist deine Motivation für den Funktionswechsel?
Nicole Bardet: Ich bin nach wie vor sehr überzeugt vom Geschäftsmodell der ABS und freue mich, es weiterzuentwickeln. Als Mitglied der Geschäftsleitung kann ich auf einer allgemeineren Ebene als bisher arbeiten und mich für Projekte engagieren, die mir besonders am Herzen liegen. Dazu gehört die Finanzierung von Unternehmen, die sich im Übergang zu mehr Nachhaltigkeit befinden.
Welche Aufgaben hast du als Co-Leiterin des Bereichs Finanzieren?
Tanja und ich haben die Aufgaben nach Kompetenzen aufgeteilt: Sie leitet die Immobilienfinanzierungen und ich den Firmenkundenbereich. Aber Jobsharing bedeutet für uns auch, dass beide für alles verantwortlich sind. Wenn Tanja in den Ferien ist, übernehme ich Aufgaben von ihr und umgekehrt. Allerdings gibt es auch Themen, die uns beide betreffen, die wir aus Effizienzgründen aber aufteilen – beispielsweise legt Tanja einen Fokus auf Revisionsfragen und ich aufs Marketing.
Müssen alle Mitarbeitenden Bescheid wissen, wie ihr die Aufgaben aufteilt?
Nein. Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das gemeinsame Leiten funktioniert. Die anderen sollen nicht denken müssen: «Oh, wer ist jetzt dafür zuständig?» Wer eine Frage hat, kann sie uns beiden schicken. Dann schauen Tanja und ich, wer antwortet.
Mit Melanie Gajowski ist in der Geschäftsleitung eine dritte Finanzierungsspezialistin vertreten. Wie ist die Aufgabenteilung mit ihr?
Der Verwaltungsrat hat entschieden, dass wir im Kreditgeschäft neu die Kundenbeziehungen und -akquisition und das Risiko aufteilen. Das machen fast alle Banken so. Tanja und ich sind für die Kundenakquisition verantwortlich und Melanie fürs Risiko, sie leitet also den Kreditentscheid. Zusätzlich ist sie zuständig für die Entwicklung neuer Geschäftsfelder im Bereich Finanzieren.
Du bist die erste Romande in der Geschäftsleitung der ABS. Gibt es für dich Themen aus der Romandie, die du in der Gesamtbank stärker gewichten möchtest?
Die ABS ist in der Romandie sehr nahe bei den Firmen, die den sozialen und ökologischen Wandel vorantreiben, und das möchte ich auch in der Deutschschweiz erreichen. Meine Vision ist, dass wir die Bank sind für nachhaltige KMU. Ich bin sicher, dass das Potenzial hat.
Die ABS ist im Aufbruch: Die GL hat seit Juni keinen Vorsitz mehr, auch andere Teams erproben die Zusammenarbeit ohne Leitung. Was erwartest du von dieser innovativen Organisationsform?
Ich finde sie sehr interessant, und sie passt zu unseren Werten. Wenn neue Mitarbeitende in eine «andere Bank» wie die ABS kommen, erwarten sie, dass es auch innen anders ist. In den letzten Jahren sind wir so schnell gewachsen, dass wir es vernachlässigt haben, uns zu überlegen: Wie leben wir unsere Kultur? Der aktuelle Veränderungsprozess in der ABS ist eine Chance, sich wieder bewusst zu machen: Was ist denn innerhalb der Bank anders als bei anderen?
Du hast ja schon einige Erfahrung mit innovativen Organisationsformen, beispielsweise durch dein Engagement bei Brot für alle oder in der Transitionsbewegung. Besteht nicht die Gefahr, dass Teams ohne Leitung ineffizient werden?
Meiner Erfahrung nach kann man mit einem solchen Modell effizienter werden. Wenn alle wissen, was ihre Rollen sind, gewinnt man an Beweglichkeit. Aber die Umstellung geht nicht von einem Tag auf den anderen. Man kann nicht sagen: Wir nehmen einfach ein bestehendes Modell eins zu eins, sondern wir müssen es an die ABS anpassen. Das ist ein Weg, und es wird noch eine Weile dauern, bis wir sagen können: Jetzt sind wir wirklich anders organisiert.