Ein Dach über dem Kopf haben und Menschen, die für einen da sind. Nicht mehr allein sein und sich trotz Erkrankung angenommen fühlen. «Nach meinem Empfinden ist es das, was für die Menschen bei uns Glück bedeutet», sagt Francesco Hengartner. Mit «bei uns» meint er die Diakonische Stadtarbeit Elim in Basel. Er ist dort Mitglied der Geschäftsleitung, leitet die ambulante Wohnbegleitung und das Projekt «Renofair». Im Herzen der Stadt am Rheinknie engagiert sich Elim für die Integration von Menschen am Rand der Gesellschaft. Das sozialdiakonische Werk begleitet suchtkranke und obdachlose Menschen. Es bietet ihnen Betreuung, Pflege und eine Unterkunft, betreibt soziale Wohnungsvermietung und unterstützt Asylsuchende sowie Migrantinnen und Migranten. Die meisten finden im Elim genau das, was sie missen: Gespräche, Erkennen eigener Stärken, Förderung von Kompetenzen in kleinen Schritten. Und nicht zuletzt auch den Ausstieg aus der Sucht oder einer misslichen Lebenslage, selbst wenn es etwas länger dauern sollte. Elim bietet den Menschen ein Stück vom Glück.
Weiterführung dank unkonventioneller Finanzierungslösung
Während vieler Jahre beherbergten die Liegenschaften von Elim ein Altersheim mit Wohnungen. Als dieses seinen Betrieb einstellte, konnte der Diakonieverband Ländli die Liegenschaften übernehmen. Kontakte mit Michel Pickmann, der als Oberarzt an der psychiatrischen Universitätsklinik in Basel die Entzugsklinik mitaufgebaut hatte, führten im Februar 1997 zur Gründung des Vereins Diakonische Stadtarbeit Elim. Das ehemalige Altersheim wurde dem Verein für eine niederschwellige Drogenarbeit zur Verfügung gestellt. Als der Mietvertrag zwischen Elim und dem Diakonieverband Ländli Mitte 2007 auslief, stand auf der Kippe, ob der Verein seine stationäre Betreuung weiterführen konnte. Denn die Liegenschaften sollten verkauft werden. Dass es nicht so weit kam, verdankt Elim unter anderem der Alternativen Bank Schweiz (ABS). Sie unterbreitete im letzten Moment eine unkonventionelle Finanzierungslösung. Damit konnte Elim im Rahmen einer Stiftung die Liegenschaften selbst erwerben. Die ABS bot in Bezug auf die Höhe des nötigen Eigenkapitals mehr Flexibilität als die anderen Banken. «Für mich war das damals ein Wunder», sagt Francesco Hengartner. Ohne diese glückliche Wende wäre Elim in der heutigen Form nicht möglich geworden.
Ein Zuhause für fast 90 Personen
Heute besteht Elim aus einem Komplex von sieben Liegenschaften. Im Haus Elim bietet der Verein suchtmittelabhängigen Menschen niederschwelliges betreutes Wohnen an. Das Ziel ist, dass sich ihre Situation stabilisiert und sie selbst wieder mehr Verantwortung für ihr Leben übernehmen können. Haben die Bewohnerinnen und Bewohner im Haus Elim genug Stabilität gefunden, können sie in eine eigene Wohnung wechseln. Dort werden sie durch eine Bezugsperson von Elim weiterbetreut – je nach Bedarf unterschiedlich intensiv. Menschen, die wegen einer langen Sucht und entsprechenden Erkrankungen auf Pflege angewiesen sind, können von der Abteilung Elim Care betreut werden. Diese interne Spitex steht auch den anderen Abteilungen von Elim zur Verfügung. Fast 90 Personen bietet Elim insgesamt ein Zuhause. Der Verein bietet aber nicht nur Wohnraum, sondern ist auch in der aufsuchenden und beratenden Gassenarbeit tätig. Zudem bietet das Café Elim an fünf Tagen in der Woche obdachlosen Menschen einen Ort zum Verweilen. Sie können dort gratis etwas trinken und essen und finden immer eine Person mit einem offenen Ohr für ihre Anliegen. Schliesslich steht Elim im Rahmen von «Open Doors» auch Migrantinnen und Migranten mit Deutschkursen und einer Arbeitsvermittlung zur Seite.
Dank einer Leistungsvereinbarung mit dem Kanton erhält Elim Beiträge für das Haus Elim, Elim Care und das ambulante betreute Wohnen. Alle anderen Projekte werden über Spenden finanziert und oftmals mit Freiwilligenarbeit bewerkstelligt. Bald soll zudem ein weiterer Bereich dazukommen: Elim plant ein stationäres Wohn- und Betreuungsangebot für Menschen, die in der aktuellen Regelversorgung schwer zu platzieren sind. In der heutigen Fachsprache rede man von «systemsprengenden Menschen», sagt Francesco Hengartner. «Für dieses Projekt sind wir noch auf der Suche nach einer Liegenschaft, in der wir ein Wohnangebot für 16 bis 20 Personen einrichten können.» Da in Basel der Wohnraum knapp sei, sei es schwierig, etwas Passendes zu finden.
Ein einzigartiges und ganzheitliches Angebot
Elim vereint die pädagogischen und sozialtherapeutischen Grundsätze mit den professionellen Standards der christlichen Sozialarbeit; das Werk arbeitet niederschwellig und ausstiegsorientiert. «Unser Betrieb ist sehr vielseitig und ganzheitlich aufgebaut», erklärt Francesco Hengartner. «Dass wir von der Gassenarbeit über das stationäre bis zum ambulanten Wohnen alles anbieten, ist einzigartig.» Mit Gesprächen und Coaching vermittelt der Verein Hoffnung und regt zudem mit verschiedenen Tagesstruktur-Angeboten zur Mobilisierung eigener Ressourcen an. Die Bewohnerinnen und Bewohner werden ermutigt, kleine Arbeiten zu übernehmen. Sie können beispielsweise in der Küche, die zur Mensa im Haus Elim gehört, in der Hauswirtschaft oder in der Hausreinigung mitarbeiten. Auch das Café Elim bietet verschiedene Einsatzmöglichkeiten. Unter anderem können die Bewohnerinnen und Bewohner dort an der Seite von freiwilligen Mitarbeitenden bei der Essensausgabe helfen und so Teil des Gastgeberteams sein. Dabei lernen sie viel und erlangen ihre Selbstständigkeit im Alltag zurück. Später können sie im Rahmen des Elim-Projekts «Renofair» sanft wieder in die Arbeitswelt einsteigen. «Renofair» erledigt Unterhalts- und Renovationsarbeiten – in erster Linie an Liegenschaften des Elim, aber auch für Dritte.
Glück und Unglück sind nah beieinander
Einige der Bewohnerinnen und Bewohner haben innerhalb des Elim Karriere gemacht. Zu ihnen gehört auch Francesco Hengartner. Vor 22 Jahren war er selbst drogenabhängig. Nach einer Reha lernte er in Basel auf der Gasse die Mitarbeitenden des Elim kennen. Er kam zum Glauben und schaffte den Ausstieg. Dann arbeitete er zwei Jahre lang ehrenamtlich in der Gassenarbeit von Elim mit. Schliesslich liess er sich anstellen und machte später die Ausbildung zum Sozialpädagogen. Nun ist er schon seit 17 Jahren Teil des Teams und mittlerweile Mitglied der Geschäftsleitung. «Hier zu arbeiten, ist für mich ein Weg, etwas von dem zurückzugeben, was ich selbst geschenkt bekommen habe», sagt Francesco Hengartner. Er hat bei seiner Arbeit im Elim schon viele Schicksale miterlebt. «Glück und Unglück liegen bei uns nahe beieinander», hält er fest. So gehört es zur Realität seiner Arbeit, dass Menschen sterben, die er begleitet. «Und kürzlich musste sich ein Mann als Folge seiner Drogensucht einen Fuss amputieren lassen», berichtet er. Solche Situationen seien immer sehr traurig. Ihnen stehen dafür jene Momente gegenüber, in denen bei Menschen eine Veränderung zum Positiven stattfindet. «Wenn sich bei jemanden etwas in eine gute Richtung zu bewegen beginnt, macht das umso glücklicher. Man merkt dann: Es hat sich gelohnt zu investieren.»