679
14.09.2022 von Team Kommunikation ABS

Das Stromnetz zum Atmen bringen

Bis 2050 aus der Kernkraft aussteigen und auf fossile Brennstoffe verzichten – das sind die ehrgeizigen Ziele der Energiestrategie der Schweiz. Machbar werden soll dies dank dem Ausbau der Solar- und der Wind­energie. Diese Energieträger haben aber einen be­kannten Haken: Sie sind wetterabhängig und damit im Vergleich zu den zentralen grossen Kraftwerken un­­zuverlässig. Bei Sonne und Wind entsteht zu viel Strom, bei Regen zu wenig. Dies birgt grosse Herausforder­ungen für die Netzstabilität und letztlich auch für die Versorgungssicherheit.


Beitrag der ABS
Artikel in Thema Abschied vom Wachstum
Mit der eigens von Aliunid ­entwickelten Smartphone-App können Konsumentinnen und Konsumenten ihren Stromverbrauch, Strommix und CO2-Gehalt in Echtzeit und im zeitlichen Verlauf verfolgen

Nach Bedarf verbrauchen, speichern oder weiterleiten


Eine Lösung für das Problem hat Aliunid entwickelt. Die Vision des Start-ups, das vom Innovationsfonds der ABS unterstützt wird, ist eine atmende Stromversorgung: Bei Sonne oder Wind wird der Stromverbrauch kurzfristig erhöht und dadurch Energie bei den Endkundinnen und -kunden gespeichert, also «eingeatmet». Der Boiler springt an, das Elektroauto und die Hausbatterie werden geladen. Scheint die Sonne nicht oder flaut der Wind ab, wird der Stromverbrauch so weit wie möglich verringert, und die Speicher werden genutzt. Dies geschieht so lange, bis die lokale Eigenproduktion, zum Beispiel die Photovoltaikanlage auf dem Dach oder die Haus­batterie, wieder Strom ins Netz zurückspeist – oder eben «aus­atmet». Das System leitet dann diesen überschüs­sigen Strom dorthin weiter, wo er gerade gebraucht wird oder gespeichert werden kann. Reicht der lokal und dezentral produzierte Strom nicht aus, kommen die Wasserkraftwerke als Back-up zum Einsatz. Das Stromnetz bleibt unabhängig vom Wetter und von grossen zentralen Kraftwerken stabil. Und auch CO2 kann so gespart werden, weil Strom vor allem dann konsumiert wird, wenn der CO2-Gehalt des bezogenen Strommixes gering ist.

Kleines Gerät, grosse Wirkung


Möglich wird diese atmende Stromversorgung, indem bei den Endverbraucherinnen und -verbrauchern ein kleines Gerät am Stromzähler installiert wird, das fortlaufend die Stromnutzung misst. Alle fünf Sekunden sendet dieses Gateway Informationen in eine private Cloud. Die Konsumentinnen und Konsumenten sehen in einer eigens von Aliunid entwickelten Smartphone-App ihren Stromverbrauch, den Strommix und dessen CO2-Gehalt in Echtzeit und im zeitlichen Verlauf. Bei entsprechender Freigabe durch die Kundinnen und Kunden erhält auch der örtliche Stromversorger die ­Daten. Inzwischen arbeiten rund 25 Unternehmen aus dem Schweizer Energiesektor gemeinsam mit Aliunid an der Energieversorgung der Zukunft – Stromproduzenten, Energieversorger und Verteilnetzbetreiber. Das ­Messen, Analysieren und Optimieren der Energieflüsse in Echtzeit ermöglicht Innovation im Stromsektor. Erste Angebote von Aliunid sind bereits am Markt erhältlich, allen voran das Echtzeit-­Stromprodukt, das seit diesem Jahr über erste lokale Versorger in der Schweiz ver­marktet wird.

aliunid.com
Artikel ausdrucken